Friede auf Erden

Draußen ist es wieder kalt, grau und meistens ungemütlich. So ist das in unseren Breiten. Überwiegend findet das Leben in der nächsten Zeit drinnen statt. Gerade jetzt in der Advents- und Weihnachtszeit beginnt damit aber auch eine gemütliche Zeit, mit der besondere Erwartungen verbunden sind. Zum Jahresende hin blicken wir gern zurück, nehmen uns vor, die nächsten Wochen etwas ruhiger zu gestalten. Friedlich soll die Zeit vor allem sein und nicht so hektisch. Unzählige Lieder erzählen von dieser Sehnsucht. Fast immer kommt es anders, weil die nächsten Wochen, mehr als andere Zeiten im Jahr, angefüllt sind mit Terminen und Aktionen. Dabei wurde damals auf dem Feld von Betlehem, gewissermaßen von höchster Stelle, genau das verheißen, was wir heute so oft vermissen: Der Friede auf Erden. Die Kriege in Osteuropa, im Nahen Osten und an den anderen Kriegsschauplätzen dieser Welt, machen sehr deutlich, dass der Friede auf Erden weiterhin lediglich ein Wunsch ist. Wo ist aber dieser Frieden von dem die Engel gesungen haben? Was ist mit dem Versprechen einer friedlichen Erde? Haben wir da etwas falsch verstanden?

Mit der Botschaft der Engel wird dem Hass die Macht der Versöhnung entgegengesetzt. Hier geht es nicht mehr nur um einen selbst, sondern auch um das Interesse, dass es dem Anderen ebenfalls gut geht und um ein gedeihliches Miteinander. Es ist lediglich ein Angebot, es eröffnet aber die Möglichkeit den Anderen zu akzeptieren und seine Daseinsberechtigung nicht in Frage zu stellen. Es ist nicht der große Wurf, der sofort alles friedlich macht und Kriege beendet, dafür sind die Dinge zu komplex und zu kompliziert. Es ist nicht damit getan, einfach nachzugeben. Damit verhilft man der Ungerechtigkeit zum Sieg. Der Gesang der Engel ist dennoch eine Einladung Schritte zur Versöhnung zu gehen. Kleine oder große, je nach Möglichkeit. Die Botschaft von Betlehem bietet eine andere Blickrichtung an, mit der Möglichkeit die knallharte Position zu hinterfragen und den ersten Schritt zur Konfliktlösung zu gehen.

In Skandinavien und in Estland ist die Proklamation eines dreitägigen Weihnachtsfriedens verbreitet. Diesen Brauch gibt es seit dem Jahr 1320. Die Bevölkerung ist aufgefordert sich in diesem Zeitraum besonders friedlich zu verhalten. Unfriedliches Verhalten wie beispielsweise Prügeln oder Randalieren wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein mit dem doppelten Strafmaß geahndet. In der finnischen Stadt Turku wird am Heiligabend folgender Text verlesen:

»Morgen, so Gott vergönnt, ist unseres Herren und Befreiers gnadenreiches Geburtsfest. Und so verkünden wir also hiermit den allgemeinen Weihnachtsfrieden, alle ermunternd, dieses Fest mit der angemessenen Frömmigkeit zu begehen sowie sich im Übrigen still und ruhig zu benehmen, denn der, der diesen Frieden bricht und den Weihnachtsfrieden durch ungesetzliches oder unangemessenes Betragen stört, ist unter erschwerenden Umständen schuldig für die Strafe, die das Gesetz und die Verordnungen für ein jedes Verbrechen und Vergehen gesondert festsetzen. Zum Schluss wünschen wir allen Bewohnern der Stadt einen freudigen Weihnachtsfrieden.«

Machen wir uns nichts vor. Die Wirkung dieser Tradition ist begrenzt. Sie löst wahrscheinlich kaum Probleme. Aber sie bringt eine wichtige Aussage der Weihnachtsbotschaft in die Öffentlichkeit und macht deutlich, dass der »Friede auf Erden« keine abstrakte Vorstellung ist, sondern von jedem einzelnen beeinflusst werden kann und ganz praktisch umsetzbar ist.

Steffen Hoffmann