Ich gehöre zu einer Generation, die nie ernsthaft hungern musste. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich einmal vor Hunger nicht einschlafen konnte, im Gegenteil, ich kann manchmal nicht schlafen, weil mein Bauch zu voll ist.

Fasten tut gut. Ja, es tut gut, wenn der Weihnachtsspeck langsam wieder weggeht und ich mich körperlich fit fühle. Aber Fasten bezieht sich nicht nur auf unsere Essgewohnheiten. Jeder Verzicht kann eine Form des Fastens sein.

Wir haben in der vergangenen Adventszeit wieder einmal auf das Fernsehen verzichtet. Dadurch haben wir jeden Tag etwa eine Stunde Zeit gewonnen. Wir hatten diese Zeit, um aufmerksam miteinander zu reden, um Weihnachtslieder zu hören, um zu lesen, um früher ins Bett zu gehen, um dadurch am nächsten Morgen ausgeschlafener zu sein. Dadurch wiederum wurde manchmal die Zeit mit Gott, die stille Zeit, intensiver und lebendiger als sonst.

Oft wird das Fasten / das Verzichten als religiöse Leistung angesehen. Aber Gott braucht unser Fasten nicht. Wenn wir fasten, dann tun wir das für uns selbst, vielleicht auch für unsere Mitmenschen, aber vor allem für unsere Gottesbeziehung.

Für Jesus gehörte das Fasten zu den Selbstverständlichkeiten gelebten Glaubens. Er spricht davon in der Bergpredigt: »Fastet nicht wie die Scheinheiligen! Sie setzen eine wehleidige Miene auf, damit jeder merkt, was ihnen ihr Glaube wert ist. Das ist dann auch der einzige Lohn, den sie je bekommen werden. Wenn du fastest, dann pflege dein Äußeres so, dass keiner etwas von deinem Verzicht merkt außer deinem Vater im Himmel. Dein Vater, der jedes Geheimnis kennt, wird dich belohnen.« (Mt 6,16-18)

Fasten tut gut. Überlegen Sie doch, worauf Sie in der bevorstehenden Passionszeit verzichten möchten. Was steht Ihnen im Wege, um Zeit mit Gott zu verbringen? Ja, mancher Verzicht kostet Überwindungskraft – aber das lohnt sich.

Ihr / euer Pfarrer Friedrich Scherzer