DENN DU BIST MEIN HELFER, UND UNTER DEM SCHATTEN DEINER FLÜGEL FROHLOCKE ICH.

Psalm 63,8 – Andacht zum Monatsspruch August 2023 

Plötzlich höre ich über mir ein seltsames Geräusch: ein leises Surren und zugleich ein lautes Knarren. Im Raum wird es dunkler. Das Sonnenlicht verschwindet so nach und nach. Im Sitzungszimmer schließen sich die Jalousien der großen Dachfenster. Die Mittagssonne schien offensichtlich zu kräftig. Bevor sich der Raum zu
sehr aufheizt, schaltet sich automatisch die Anlage ein. Die Leute am Sitzungstisch sehen für einen Moment diesem „Schauspiel“ zu. Die Gespräche verstummen vorübergehend. Wichtige Themen werden kurz zur Nebensache. Alle zeigen sich beeindruckt von der Technik. Einer versucht, mit einer witzigen Bemerkung die Situation aufzulockern. Irgendwas mit „Sonne aussperren“ oder so ähnlich. Kurzes Auflachen, dann wird die Sitzung unter dem Schatten einer großen Jalousie fortgesetzt.

In diesen Sommertagen können wir das alles gut nachvollziehen. Wenn es besonders heiß ist, suchen wir nach
Schatten. Nicht überall wird er uns so automatisch angeboten wie im Sitzungszimmer mit den großen  Dachfenstern. Mitunter muss ich mich dafür auf die Suche machen oder ihn erkämpfen: die Parkbank
im schattigen Grün, der Bistro-Tisch unter der Markise, die Sonnenliege unterm Sonnenschirm, der Parkplatz unter den hohen Bäumen.

Das Problem mit dem Schatten kannten auch schon die Menschen in biblischer Zeit. Wer schonmal in Israel oder in südlichen Gefilden unterwegs war, kann das verstehen. Ein schattiger Ort war damals schon Gold wert. So taucht hier und da in der Bibel auch der Schatten als Bildwort auf. Die Beziehung zwischen Gott und dem
Menschen wird mit Sonne und Schatten verglichen. Was in Psalm 68 dahingehend beschrieben wird, klingt schon fast nach einer Wellnessoase: hier sitzt jemand fröhlich ausgelassen im Schatten – überdacht und geschützt durch Gottes Flügel. In diesem Wohlfühlmoment wird dem Glücklichen bewusst: Gott ist mein Helfer! Er sorgt dafür, dass es mir gerade so gut geht.

Es ist Sommerzeit! Der Alltag fährt für einige Wochen etwas herunter. Viele sind auf Reisen. Andere lassen es sich im Garten unterm Sonnenschirm gutgehen. Die Seele baumelt. Vielleicht „frohlockt“ sie sogar, wie
es in der Bibel heißt. Ich wünsche Ihnen jedenfalls solche entspannten Zeiten und Momente. Denn dabei wird uns besonders bewusst: das alles geschieht nicht automatisch, wie die Jalousie im Sitzungsraum. Sondern Gott schenkt uns, was wir benötigen. In schönen Zeiten wie in schweren Stunden. Unter Gottes Flügeln finden wir den Ort, der uns froh und zufrieden macht, der uns schützt und bestärkt.

Pfarrer Heiko Jadatz

Foto von Jaanus Jagomägi auf Unsplash
 

Andacht zur Jahreslosung 2023

Jeder Satz hat vier Ebenen der Bedeutung. Das gilt auch für die neue Jahreslosung. Meint sie einen Appell? Gott, schaue jetzt lieber weg, denn was jetzt kommt, geht nur mich etwas an? Oder ist sie ein Hinweis auf die Beziehung zu Gott? Danke, dass du mich wahrnimmst? Oder ist sie eine Selbstkundgabe? Ich fühle mich gerade nicht wohl, wenn ich gesehen werde? Oder ist die Jahreslosung reine Information, dass Gott so ist? Bei welcher Ebene liegt der Schwerpunkt? Was ist wirklich gemeint? Das herauszufinden, ist manchmal gar nicht so einfach. Aber es ist wichtig, um einen Text zu verstehen. Die Geschichte, die den Hintergrund zur Jahreslosung bildet, gibt uns gute Hinweise: Sarai konnte keine Kinder bekommen. Also wendete sie einen Trick an. Sie gab ihre Magd Hagar ihrem Mann Abram. Als Hagar dann von Abram schwanger wurde, kam es zum Streit zwischen der Magd und ihrer Herrin. Hagar floh. Auf ihrer Flucht begegnete sie an einer Quelle einem Engel Gottes. Dieser machte ihr zwei Zusagen im Blick auf ihren Sohn, mit dem sie schwanger war. Außerdem soll sie wieder zu Sarai zurückkehren und sich unter ihre Hand demütigen. Nach dieser Begegnung mit dem Engel sagte sie den Satz, der 2023 die Jahreslosung ist: Du bist ein Gott, der mich sieht. Ich höre hier eine Frau, die nicht nur informiert, sondern die so ihre Liebe, ihre Dankbarkeit und ihr Erstaunen Gott gegenüber ausdrückt und zwar auf allen Ebenen der Bedeutung. Gott nimmt sich ihrer an. Sie ist nicht unter seinem Niveau. Er blickt durch die Fassade hindurch ins Herz, wo andere nur die einfache und machtlose Magd gesehen haben oder die Frau, die offenbar ihren Platz nicht kennt. Ich hoffe und ich wünsche uns allen, dass wir die Jahreslosung 2023 genauso aussprechen können wie Hagar. Es ist etwas Gutes, wenn du, Gott, mich siehst. Du schaust nicht weg. Du nimmst mich wahr und du siehst wirklich mich! Amen.

Jörg Matthies, Pfarrer der Marienkirchgemeinde im Striegistal

Grafik: Stefanie Bahlinger / Verlag am Birnbach

In der Umfrage zu unseren Gottesdiensten haben sich einige Teilnehmer bestimmte Themen gewünscht. Hier finden Sie die Predigten zum Nachlesen.

Thema Sanftmut (Galater 5,23), Predigt vom 12.2.2023, Jörg Matthies